Vigo! Das AOK-Magazin für Berufseinsteiger, Heft 3/2003
Kicher, Kicher
»Angeborene Grundform menschlicher Ausdrucksbewegungen, der eine gehobene Stimmungslage zu Grunde liegt. Entsprechend der auslösenden Momente sind die Formen vom Lächeln bis zum Krampf zahlreich.« Hört sich ziemlich trocken und alles andere als lustig an. vigo ging dem Phänomen auf die Spur.

Interview: Franziska Kühnert

»Über einen guten Witz lacht sich's am besten.«

Nicht unbedingt. Gickeln, Gackern, Kichern ... egal wie man's nennt, nur zwanzig Prozent gehen aufs Konto eines Witzes. Der Rest ergibt sich meistens spontan. Es gibt natürlich die körperlichen Reize, also das Kitzeln, die uns lachen lassen. »Oft sind es aber Situationskomik und Schadenfreude, die uns zum Schmunzeln bringen. Zum Beispiel: Wenn etwas, das wir als 'normal' ansehen, abrupt in etwas Unerwartetes umschlägt«, meint Psychotherapeut und Lachexperte Dr. Michael Titze aus Tuttlingen. Außerdem steckt Lachen an. Deshalb lachen wir in Gesellschaft wesentlich häufiger als alleine. Auf dieser Tatsache beruht auch die Idee der Lachclubs. Ursprünglich kommt sie aus Indien, mittlerweile gibt's die Clubs aber auf allen Kontinenten. Lachlustige treffen sich dort zum gemeinsamen Ablachen und trainieren gezielter Lachübungen.

»Alle Menschen lachen gleich viel.«

Schön wär's. Wie überall, gibt's auch beim Lachen Unterschiede. In diesem Fall sind sie sogar vom Geschlecht abhängig. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Frauen öfter kichern als Männer. Woran das liegt? »An den zwei verschiedenen Arten des Lachens: Zum einen gibt es Lachen, das Kommunikation fördern soll - meistens bei Frauen der Fall. Zum anderen gibt es Lachen, das Stärke und Überlegenheit demonstrieren soll - eher die männliche Form. Da dieses Überlegenheitsgefühl in der heutigen Gesellschaft nicht mehr gefragt ist, haben Männer einfach weniger zu lachen.«, erklärt Michael Titze. Ab dem 40. Lebensjahr sinkt bei beiden Ge-schlechtern die Neigung zum Lachen. Natürlich gibt es auch Unterschiede zwischen den Lachgewohnheiten verschiedener Kulturen. Die beziehen sich dann aber eher auf die Inhalte, über die man lacht. Zum Beispiel, wird es in China als herrlich amüsant angesehen, wenn im Zoo den Krokodilen kleine Küken zum Fraß vorgeworfen werden ...

»Lachen ist gesund.«

Und wie! Was viele schon immer geahnt haben, wurde von Lach-Forschern, den so genannten Gelotologen, wissenschaftlich belegt. Beim Lachen entspannt sich die Muskulatur, Stresshormone werden abgebaut und die Verdauung kommt in Schwung. Gleichzeitig werden Antikörper gebildet, die das Immunsystem stärken. Weiterer Pluspunkt: Durch die Auf- und Abbewegung des Zwerchfells bekommen die Organe im Bauch-raum eine Gratismassage. Und da wir beim Lachen drei- bis viermal mehr Luft aufnehmen, kriegen die Lungen eine Extraportion Sauerstoff. Der Puls kommt auf Touren. Blutdruck sowie Herzschlag steigen zunächst an, fallen bald darauf aber wieder ab, so dass das Herz-Kreislaufsystem trainiert wird. Doch damit nicht genug: »Wer viel lacht, stärkt nebenbei und ohne viel Aufwand sein Selbstbewusstsein.«, sagt Michael Titze. Denn Men-schen, die häufig lachen, fühlen sich stärker, kompetenter und fürchten sich weniger vor sozialen Konflikten.

»Lachen hat heilende Kräfte.«

Richtig. Denn Lachen beugt nicht nur Krankheiten und Schmerzen vor, sondern lindert sie auch. Es werden so genannte Katecholamine und Beta-Endorphine freigesetzt. Katecholamine hemmen Entzündungen. Beta-Endorphine haben eine ähnliche Wirkung wie das Schmerzmittel Morphium. Diese Erkenntnis machen sich immer mehr Kliniken und Psychothera-peuten zu Nutze. So genannte Klinik-Clowns sollen schwerkranke Patien-ten aufheitern und damit den Heilungsprozess fördern.

»Lustige Menschen sind sexy.«

Stimmt. Klar sieht man beim spontanen Losprusten irgendwie albern aus, aber das scheint zumindest Männer nicht zu stören. Im Gegenteil: Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Frauen, die häufig und stimmhaft lachen, anziehend wirken. Und: Frauen stehen auf Männer, die sie zum La-chen bringen. Wenn »er« beim ersten Date die ganze Zeit über seine eigenen Witze lacht, die »sie« überhaupt nicht komisch findet, dann stehen sei-ne Chancen eher schlecht ... Grundsätzlich haben es humorvolle Menschen im sozialen aber Leben leichter. Sie knüpfen schneller Kontakte und wirken positiver auf ihre Mitmenschen als Griesgrame.

»Lachen macht erfolgreich.«

Und ob. Hintergrund: Fröhlichen Menschen traut man es eher zu mit stressigen, belastenden Situationen zurechtzukommen. Sie schaffen es, mit ihrer fröhlichen Aufgeschlossenheit zwischenmenschliche Brücken herzustellen. Außerdem fördert Lachen die Kreativität und hebt die Stimmung am Arbeitsplatz. Na dann mal los ...

Fakten, Fakten, Fakten

  • Wenn wir plötzlich losprusten, erreicht die Luft beim Ausatmen Ge-schwindigkeiten von über 100 Stundenkilometern.
  • Kinder lachen bis zu 400-mal am Tag. Erwachsene kommen höchstens noch auf ein Zehntel davon.
  • 43 Muskeln sind in Aktion, wenn wir ein mürrisches Gesicht ziehen. Beim Lachen sind es nur 17.
  • Frauen lachen mit 500 Schwingungen pro Sekunde, Männer nur mit 280.

Tipps für Lachmuffel

  • Den Tag mit einem Gesichtsmuskel-Training beginnen: Sich vor den Spiegel stellen und die wildesten Grimassen schneiden. Macht Spaß und gute Laune!
  • Beim Autofahren zur Abwechslung mal den Klängen von schallendem Gelächter lauschen. CDs gibt's im Handel und im Internet. Oder einfach mal die Freunde beim Kichern aufnehmen. Lachen garantiert!
  • Öfter mal was mit Freunden unternehmen. In Gesellschaft lacht man wesentlich häufiger und mehr Spaß macht's auch.
  • Sich bewusst auf die lustigen Sachen des Lebens einlassen und sich selbst nicht immer so ernst nehmen!