Kölner Stadt-Anzeiger, 03.12.2007
Humor kennt keine Tabus
Interview: Nina Schmedding
Herr Dr. Titze gibt es Grenzen beim Thema Tod und Humor?

Michael Titze: Eigentlich nicht, Humor setzt sich über alle Tabus hinweg. Berühmtestes Beispiel ist Viktor Frankl, ein Psychiater, der in Auschwitz war. Er bliebt auch angesichts des Todes optimistisch und entdeckte den Humor als Therapeutikum.

Wie funktioniert das?

Titze: Die Vergangenheit und die Zukunft werden ausgeklammert. Aus diesem unmittelbaren Erleben heraus kann sich die Heiterkeit entwickeln.

Können Sie ein Beispiel geben?

Titze:: Einen Krebskranken, der weiß, dass er nur ein paar Monate zu leben hat, belastet der Gedanke an die Zukunft. Wenn er sich auf das Unmittelbare konzentriert und im Hier und Jetzt lebt, kann eine bedenkenlose Heiterkeit entstehen. Auch Witze ermöglichen diese Auflösung der Logik. Wenn man von der vorausschauenden Vernunft ausgeht, müsste man schließlich resignieren.

Wie ist die psychologische Wirkung des Lachens?

Titze: Sobald der Mensch anfängt zu lachen, verselbständigt sich der Körper. In diesem Augenblick ist man auf einen bestimmten Punkt konzentriert. Man wird zum spielfreudigen Kind, die Realität ist ausgeklammert.

Inwiefern kann Humor auch als Therapie eingesetzt werden?

Titze: Indem wir lernen, das Leben mit positiven Augen zu betrachten. Dabei sollten wir Niederlagen und Schicksalsschläge bewusst relativieren, nach dem Motto: Es hätte noch viel schlimmer kommen können.