Thüringer Allgemeine, 03.10.2009
Warum man sich mit Gelächter selbst therapieren kann
Beim Lachen übernimmt der Körper das Kommando, der Geist hat Sendepause und das ist gesund. Der Psychologe und Lachforscher Dr. Michael TITZE erklärt, warum man sich mit Gelächter selbst therapieren kann.
Gespräch: Eva WEBER
Dr. Titze, ist Lachen, wie der Volksmund sagt, wirklich gesund?

Das ist zwar nicht zu 100 Prozent nachgewiesen, aber sehr wahrscheinlich. Aus meiner Erfahrung gehe ich davon aus, dass es so ist.

Wie wirkt sich denn Gelächter genau auf den Lachenden aus?

Man könnte es so sagen: Beim Lachen übernimmt die Weisheit des Körpers das Ruder. Jede Kontrolle, die wir sonst über unseren Geist ausüben, wird vorübergehend ausgeknipst.

Was heißt das praktisch?

Beim Lachen wird die richtige Atmung benutzt, die Körperhaltung verbessert, indem man etwa leicht in die Knie geht. Im Augenblick des Lachens wird alle Selbstkritik ausgeschaltet. Dann ist der Mensch für einen Moment derjenige, der er zu Beginn seines Lebens war.

Aber erreicht wirklich jedes Gelächter diesen Effekt?

Nein, nur aufrichtiges Lachen. Gestelltes Lachen erfüllt nur kommunikative Zwecke. Es zeigt zum Beispiel an, dass etwas im Gespräch peinlich war oder nicht so ernst gemeint ist. Gesund ist nur impulsives Lachen, das aus dem Bauch kommt. Das tritt gerne auf, wenn die Bedingungen es eigentlich gar nicht zulassen. Wenn man zum Beispiel in der Kirche lachen muss.

Gibt es Anlässe oder Witze, bei denen wirklich jeder so herzhaft lachen muss?

Das nicht, aber man kann es üben indem man etwa in der Gruppe ganz bewusst ein paar Minuten gestellt lacht. Das wirkt zwar peinlich, aber nach zehn bis zwanzig Minuten geht es in echtes Lachen über. Das sollte man aber nicht alleine versuchen, dann funktioniert es kaum.

Wird denn im Alltag wirklich so wenig gelacht, dass solche Gruppensitzungen nötig sind?

Statistisch soll ja in den frühen 50er Jahren dreimal so viel gelacht worden sein wie heute. Jetzt lacht man eher über äußere Anlässe, Witze, Comedy. All das provoziert meist kein echtes, sondern nur ein sehr kurzes Lachen. Früher mussten die Menschen selber ran, mussten eine Lachgemeinschaft bilden. Das dauert dann länger und wirkte ganz anders. Denn erst ab zehn Minuten Lachen am Stück lacht man wirklich.

Wann haben Sie bitte zuletzt zehn Minuten am Stück gelacht?

In meiner Yoga-Lachgruppe. Die dauert 45 Minuten, die Übungen sind sehr einfach. Man könnte sie auf jedem Kindergeburtstag machen. Und wenn es nur damit beginnt, dass einer dem anderen die Zunge rausstreckt.

Wie kann jeder Einzelne auch ohne Yoga-Gruppe öfter herzhaft lachen?

Dafür muss er das Denken ausschalten. Sehr praktisch sind da CDs, auf denen man 20 Minuten lang das Lachen einer geübten Lachgruppe hört. Das steckt an und kann prima beim Autofahren gehört werden.