Detektor.fm - Leipzig - Internetradio, 29.04.2011
 
Lachen hat eine heilsame Wirkung
 
Mit Lachen kann man richtig abspecken. Ein richtiger Lachanfall, der zum Beispiel 20 Sekunden dauert, ist sogar effektiver als 3 Minuten joggen oder rudern. Die Kalorien werden im Körper verbrannt, wenn Muskeln sich an- oder entspannen und genau das verursacht einen Lachanfall. Mehrere hundert Muskeln zucken, wenn sie bei einer Lachsalve bewegt werden. Zudem kurbelt das Lachen die Durchblutung an, versorgt das Gehirn mit Sauerstoff und lässt Glückshormone ausschütten. Während des Lachens reagiere man unempfindlicher auf Schmerz, hält der Lachforscher Paul McGhee fest. Lachen ist gesund, lautet die weitläufige Devise.
 
 
Janina Labhardt: Anfang der 50er-Jahre lachten die Menschen täglich durchschnittlich 18 Minuten lang. Die Lachforschung, die übrigens in der Fachwelt Gelotologie heißt, stellt fest, dass es heute wohl nur noch 6 Minuten sind. Statistisch sind wir also viel ernster geworden. Vielleicht gibt es deshalb auch so viele Angebote, bei denen das Lachen erlernt wird. Es gibt Lachyoga, Humortherapien, Lachseminare und sogar Humorberatung. So frage ich Dr. Michael Titze. Er ist Psychologe und Psychotherapeut, er hat vor 10 Jahren die Fachgesellschaft HumorCare ins Leben gerufen: Ist uns in der heutigen Zeit das Lachen abhanden gekommen?

Michael Titze: Man kann das bestätigen, denn es gibt eine Untersuchung der britischen Regierung, sie wurde 1999 erhoben, die besagt, dass die Depressionsrate seit den frühen 50er Jahren um das 10fache angestiegen ist, und ich denke, das kann man dann auch im Sinne von Humorlosigkeit interpretieren. Depressive sind bekanntlich nicht humorvoll, sondern das Gegenteil davon. Sie ersticken im Ernst des Lebens und sie sehen nur noch Probleme und das Leben ist ungeheuer schwierig für sie. Und wenn die Depressionsrate um das 10fache angestiegen ist, hat das natürlich seinen Grund und da vergeht einem schon das Lachen.

Janina Labhardt: In einer Studie haben Lachforscher die Anzahl des Lachens untersucht.
Demnach lachen Erwachsene durchschnittlich 15 Mal am Tag, Kinder bis zu 400 Mal und übrigens lachen Frauen viel häufiger als Männer, Arbeitnehmer mehr als Arbeitgeber.
Die Gründe wieso man lacht, haben die Lachforscher nicht erhoben. Es wird über eine Geschichte, über einen Witz, eine Situation oder über eine Person gelacht. Lachen ist auch eine Reaktion auf Kitzeln oder auf sexuelle Erregung. Aber auf alle Fälle sei das Lachen dem Zeitgeist, dem Sozialgefüge und der zwischenmenschlichen Kommunikation unterworfen, sagen die Lachforscher. Gibt es denn auch absolut humorlose und ernste Menschen?

Michael Titze: Wenn ein Mensch pflichtbewusst ist, korrekt und regelhaft und wenn er alles ernst nimmt, dann fehlt diesem Menschen natürlich die Lebensfreude, die Lebenskraft. Und das sind genau die Menschen, die man als humorlos bezeichnet und die tatsächlich sehr ernst wirken, verbissen wirken.
Ich werde oft gefragt: Lässt sich Humor erlernen? Und ich sage dann: „Einige Strategien des Humors lassen sich lernen. Wenn man bei denen bleibt, wenn man sich nicht zu viel vornimmt, kann eine humorvolle Wirkung ohne weiteres erzielt werden.
Die erste Regel ist: Man sollte man sich nicht zwingen, schlagfertig zu sein, sondern man sollte zwei oder drei „Schubladen" haben, auf die man immer wieder strategisch zurückgreift. Und was dabei herauskommt, ist ein Humor, der ansteckt.
Mit Hilfe der besagten Strategien kann man einen Mitmenschen, der griesgrämig, überernst ist, tatsächlich dazu zu bringen, so mitzumachen, wie das ein kleines Kind tun würde. Bei diesem Spiel handelt es sich um ungeregelten kreativen Blödsinn.

Janina Labhardt: Menschen in bitterer Armut können ausgelassener lachen, als reiche, d. h. je härter das Leben, um so unbändiger das Lachen.

Michael Titze: In der Dritten Welt, vor allem in Afrika und in Südamerika, besitzen viele Menschen, trotz ihrer materiellen Armut, die Fähigkeit, sich selbst in einer positiven Weise zu bewerten. Wenn ich mich positiv bewerte, dann bin ich in einer Haltung, die durch Stolz, Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein ausgezeichnet ist, und das wirkt dann natürlich auf die Mitmenschen überzeugend. Man weiß, dass selbst in Kriegszeiten (und sogar in Konzentrationslagern) diese Fähigkeit vorhanden blieb, nach dem Motto: Wenn mir alles genommen wurde, eines kann man mir nicht nehmen: meinen Optimismus und meine Fähigkeit, die Dinge anders zu beurteilen, als sie jetzt, von der objektiven Realität her, eigentlich gesehen werden müssten. Diese Haltung zeigt sich natürlich auch in der Mimik, sie zeigt sich in der gesamten Haltung, im konkreten Auftreten und natürlich auch in der Wortwahl.

Janina Labhardt: Schließlich gehen wir noch einer Volkswahrheit über das Lachen auf den Grund: Wer lacht, lebt länger.

Michael Titze: Ja, dazu gibt es Untersuchungen, zum Beispiel aus dem Psychiatriezentrum Delfland in den Niederlanden. Dort wurde eine Langzeitstudie durchgeführt: Man untersuchte ältere Menschen, die einen Fragebogen zu ihrer Gesundheit, ihren Beziehungen und auch zu ihrem Optimismus ausfüllen mussten. Nach 10 Jahren wurde dann festgestellt, dass fast die Hälfte derjenigen gestorben waren, die eher pessimistisch eingestellt waren und die bei der Beantwortung dieser Fragen eben keinen Sinn für Humor zum Ausdruck gebracht hatten.
Gleichzeitig stellte sich heraus, dass die Optimisten größtenteils überlebt hatten: Sie hatten im Vergleich zu den humorlosen Pessimisten ein um fast 25% niedrigeres Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden. Das ist ein Hinweis dafür, dass Optimismus bzw. eine humorvolle Lebenseinstellung, tatsächlich dazu führen können, dass man länger lebt.

Janina Labhardt: Da sind sich die Lachforscher einig: Lachen ist ein Zeichen von Lebendigkeit und Optimismus. Jene Menschen, die lustvoll leben und ihr Leben mit Lachen zum Ausdruck bringen, schütten mehr Glückshormone aus, als solche, die sich nur ärgern. Mehr Bewegung des Zwerchfells also könnte den Besuch beim Arzt sparen.